Adalbert Depiny: Der Forscher

Adalbert Depiny, 1883–1941
Adalbert Depiny, 1883–1941

Als Depiny sich der Volkskunde verschrieb, hatte sie noch ihre Anerkennung als Wissenschaft zu ringen. Sie hatte ihren Stoff noch nicht bereitgestellt und ging den Anfangsweg jeder Wissenschaft, der Sammeln heißt. In ruhiger Sachlichkeit und ungemein genauer wissenschaftlicher Gründlichkeit schuf Depiny sich die Grundlagen seiner Gelehrtenarbeit und erzog er seine Mitarbeiter. Die Forschung war ihm nicht Selbstzweck, er suchte immer die Verbindung zum tätigen Leben. Er war kein Konservator, der das Überlieferte um jeden Preis festhalten wollte oder am Alten hing, bloß weil es alt war, aber einer, der das lebenskräftig Wertvolle erhalten und herüberführern wollte in die Entwicklung einer neuen Zeit, die allzusehr der Gefahr ausgesetzt ist, über ihre kulturellen Grundlagen hinwegzugehen und den Boden unter den Füßen zu verlieren. Sammeln hieß für ihn ein Stück lebendigen Volkstums aufnehmen und über seine Erkenntnis zur Heimatliebe zu führen. So ist, was er schrieb, heute so zeitgemäß wie nach dem ersten Weltkrieg, ja, in manchem noch lebendiger, weil die Gefahr inzwischen größer geworden ist.

Sein Sagenbuch (8), bedeutend für die Wissenschaft wie für den Heimatfreund, vor allem, weil es keine tote Sammlung ist, sondern das noch lebendige Sagengut stark hevorhebt und einen Querschnitt aus der Gegenwart zeigt, stellt sich den besten Sagenbüchern anderer Länder an die Seite. Leider ist der Ergängzungsband, den er mit Dr. Alfred Webinger-Graz herausgeben und der wissenschaftlich-kritischen Kommentar bringen sollte, nicht mehr erschienen. Einiges Material dazu ruht in seinem Nachlaß. Einen zusammenfassenden Überblick über die Volkskunde von Oberösterreich von seiner Hand enthält Haberlandts Werk über Österreich (9), eine Volkskunde des Mühlviertels das Werk E. Stepans (10), Teile des Nachlasses von Baumgarten gab er in den „Heimatgauen“ heraus, die Abschrift er nachgelassenen Schriften Baumgartens hatte ihn und einen Mitarbeiterkreis jahrelang beschäftigt. In der zur Hundertjahrfeier des Musealvereines erschienen Arbeit "Das oberösterreichische Landesmuseum und die Volkskunde" (11) gibt er einen Überblick über die Entwicklung der Volkskunde als Wissenschaft in Oberösterreich. Seine letzte Arbeit war die Volkskunde des Bezirkes Kirchdorf an der Krems (12).

Das Material für den Volkskundeatlas, das er durch Fragen für Sondergebiete der Landesforschung ergänzte, liegt im Linzer Museum. In lebenslanger Arbeit legte er eine Sammlung von Grabversen an. Seine Bücherei umfaßt den ganzen Bereich der Volkskunde, besonders einen wertvollen Schatz an Zeitschriften und eine geschlossene Sagenbibliothek, wie sie weitum nicht zu finden ist. Es wäre wünschenswert, daß diese Büchersammlung möglichst bald der volkskundlichen Forschung zugänglich gemacht werde. In Anerkennung seiner Forschungsarbeit wurde Depiny Konservator für Volkskunde der Zentralstelle für Denkmalschutz, Landesleiter für den „Atlas der deutschen Volkskunde“, Korrespondent des Bundesdenkmalamtes, Mitglied des Uraniaverbandes. Die „Heimatgaue“ trugen seinen Namen weit über die Grenzen des Landes, die Zeitschrift fand große Wertschätzung. Zahlreiche Aufsätze und Abhandlungen veröffentlichte Depiny in verschiedenen Zeitschriften und Schulprogrammen. Wir müssen es aufs tiefste bedauern, daß er den Abschluß und die Krönung seines wissenschaftlichen Werks sich nicht mehr abringen konnte, eine zusammenfassende oberösterreichische Volkskunde, vor allem aber das Werk über Sitte und Brauch, an dem er in seinen letzten Lebensjahren arbeitete und das er nach Beendigung der Glockenaktion vollenden wollte. Der Tod hat ihn daran gehindert und uns der reiftsten Frucht seiner Gelehrtenarbeit beraubt. Denn sein umfassend tiefgründiges Wissen gerade auf diesem schwierigen Gebiet der Volkskunde ist nicht leicht zu ersetzen.


(8) Oberösterreichisches Sagenbuch. Herausgegeben von Dr. Adalbert Depiny. Linz 1932
(9) Volkskunde von Oberösterreich, in: M. Haberlandt, Österreich, sein Land und Volk und seine Kultur. Wien-Weimar 1927
(10) E. Stepan, Unteres Mühlviertel, Band 2: Volkskunde. Wien 1931
(11) Jahrbuch des oberösterreichischen Musealvereines, Band 85. Linz 1933
(12) Volkskundliches aus dem politischen Bezirk Kirchdorf a. d. Krems. Linz 1939

Adalbert Depiny.
Ein Lebensbild
Autorin: Martha Khil


Ein Artikel aus
OÖ. Heimatblätter
Jg. 1; Heft 1/1947

 
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Adalbert Depiny:
"OÖ. Sagenbuch"