3. Von den Riesen

1. Die Riesen und ihre Kraft

*1. Wenn in der Gegend von Traunkirchen der Sturm tobt und tost, sagten die Bauern früher: „Die Riesen fangen an zu zürnen.“

*2. Der Enzenberg bei Offenhausen soll eine Menge unterirdischer Gänge und Höhlen haben, dort hausten einmal Riesen.

*3. Riesen liegen auch in Kirchschlag begraben. Totengebeine von gewaltiger Größe wurden vor 200 Jahren beim Benefiziatenhaus ausgegraben.

4. An einem mächtigen Granitstein bei Haslach rastete gerne ein alter Riese. Der Stein stürzte aber eines Tages um und begrub den Riesen unter sich. Seither heißt der Block der Riesenstein.

5. Aus einer Riesenfamilie stammte auch der Riesenhans, ein Bauernknecht im oberen Mühlviertel. Mit 17 Jahren verdingte er sich bei einem Bauern. Dem verging schon beim ersten Frühstück die Freude an seinem Knecht, denn Hans aß zwei große Brotlaibe auf. Dann wurde er ins Holzfahren in den Wald geschickt. Er machte es sich einfach, riß die Bäume mit der Wurzel aus und warf sie auf einen Haufen zusammen. Da packte den Bauern das Grauen. Mittags richtete die Bäuerin schon für einen gewaltigen Hunger an, aber Hans war mit Fleisch und Knödel so rasch fertig, daß die Bäuerin nochmals auftragen mußte. Der Bauer fürchtete sich mehr und mehr und wollte seinen Knecht beseitigen. Am Nachmittag mußte Hans eine tiefe Grube ausheben und ging mit Fleiß und Eifer daran. Als er drei Meter tief gekommen war, stürzte der Bauer Steinblöcke auf ihn, um ihn zu erschlagen. Hans aber rief, der Bauer solle mehr achtgeben und nicht soviel Sand in die Grube streuen. Da gab es der Bauer auf, in so frevelhafter Weise sich seines Knechtes zu entledigen. Ob und wie es ihm gelungen ist, ihn loszuwerden, weiß niemand mehr zu sagen.

*6. Einst schlief ein Riese im Böhmerwald, daß die Bäume zitterten. Ein Bauer kam dahergefahren, hielt den Leib des schlafenden Riesen für einen Berg und fuhr hinan. Als er zur Nase kam, teilte sich der Weg, aufs Geratewohl fuhr er in das rechte Nasenloch hinein. Das kitzelte den Riesen und er fing an zu nießen. Der Luftdruck schleuderte den Bauern samt seinem Gespann eine Stunde weit weg.

*7. Imago war ein ungeheurer Riese, die hohen Berge dienten ihm als Feuersteine. Der Traunstein ist ein Splitter eines solchen Feuersteines. Wenn die Leute von jemandem etwas ganz Ungeheuerliches hörten, sagten sie früher: „Das ist ja ein Riese Imago.“

8. Bei Traunkirchen befindet sich der Kolomannsberg, sein Haupt besteht aus Urgestein, während die Bergwände kalkig sind. Den Gipfel sollen Riesen herbeigeholt und aufgetürmt haben.

9. An der Grenze der Gemeinde Natternbach, St. Ägidi und Kopfing liegt wenige Schritte vom Fahrweg zum Holdingergut ein mächtiger Stein so auf einem anderen, daß man ihn mit einem Finger zum Wackeln bringen kann, daher heißt er auch der Wackelstein. Als noch die Riesen in unserem Lande lebten, trugen ihn drei heidnische Jungfrauen in ihren Schürzen auf den waldigen Bergesrücken, um auf ihm Opfer darzubringen, deshalb heißt er auch der Jungfernstein.

*10. Beim Bau der Kirche von Taufkirchen halfen drei Riesen mit. Der erste hob die Steine eine Stunde weit weg im Rainbach auf und warf sie dem zweiten zu, der dort stand, wo sich heute die Kröstlinger Linde befindet, dieser warf sie dem dritten Riesen zu, der auf dem Bau arbeitete. Beim Kirchenbau selbst führten die Riesen die Kirchenmauer bis zur Höhe des Gewölbeanfanges auf. Als die Kirche vollendet war, sah ein Riese stehenden Fußes zum Fenster hinein. In alten Zeiten waren in der Kirche Riesenschädel zu sehen, die Köpfe, auf denen das Gewölbe aufragt, heißen heute noch die Riesenköpfe.

11. Das Kirchlein am Johannisberg zu Traunkirchen wurde von Riesen erbaut, die aus der Viechtau stammten.

12. Beim Bau des Ennser Stadtturmes war auch eine Riesin beschäftigt. Einen großen Steinblock, der später in der Wächterstube als Tisch diente, trug sie in ihrer Schürze hinauf. Als Wahrzeichen hing eine lange Rippe der Riesin an einer Kette im Turme.

*13. Den Turm des Schlosses Neuhaus baute ein Riese. Gebleichte Riesenknochen hingen früher einmal am Schloßtore.

14. In der Klammleiten zwischen Gramastetten und Rottenegg liegen gewaltige Felsblöcke in der Rodel. Riesen sollen sie einst zum Bau der Burg Lichtenhag herbeigeschleppt haben; die Steine wurden ihnen aber zu schwer und sie ließen sie am Wege liegen. An einem sieht man noch den Abdruck der Riesenhand, an einem andern den eines Knies.

15. Zum Bau des Schlosses Wolfsegg trugen drei Riesen den Baustoff zusammen. Sie waren so groß, daß sie die Burg, als sie fertig war, überragten. Im Schlosse soll sich noch an einer eisernen Kette eine Rippe eines der 3 Riesen befinden.

16. Die Jochwand und die Ewige Wand im Katergebirge waren vor Alters verbunden. In der Gegend lebte ein Riese, der einen großen Hammer besaß. In Anzenau aber hauste ein Zwerg, der seine Freude daran hatte, den Riesen zu verspotten und zu ärgern. Als er es zu arg trieb, geriet der Riese außer sich und warf seinen Hammer mit solcher Wucht nach dem Zwerg, daß er nicht nur ihn zerschmetterte, sondern daß auch der Erdboden, auf dem er stand, in die Tiefe verschwand. Seither sind Jochwand und Ewige Wand getrennt, das Endstück der Jochwand heißt noch heute Hammerberg.

17. Im Mühlviertel hausten einst Riesen und wollten dort, wo jetzt Freistadt steht, eine Burg bauen. Die Steine holten sie aus der Aist. Dort führte eben der Teufel eine Mauer auf, um die Bewohner von Prägarten, die ihm 2 Seelen weggeschnappt hatten, zu ertränken. Die Riesen trafen die Mauer und nahmen sich die Steine. Der Teufel mußte immer neu beginnen. Er legte sich deshalb auf die Lauer und sah, daß es die Riesen waren. In der nächsten Nacht zerstörte er die Riesenburg und warf die ungeheuren Blöcke in die Aist, wo sie heute noch liegen. Am nächsten Tage traf er mit einem Riesen im Thurytal zusammen und geriet mit ihm in Streit. Er verwandelte schließlich den Riesen in einen Felsblock, der noch heute Teufelsfels heißt.