Die Wunderburg

Einer der herrlichsten Punkte bei Gmunden ist die Wunderburg, welche jetzt wohl ziemlich zerfallen, einst weitaus die schönste und größte Burg im Gaue war. Sie führte den Namen Gugelburg; von ihr sagt die Sage:

„Der letzte Ritter war ein karger Filz, dessen Gott das Geld war; dabei hatte er kein Herz für seine Untertanen und jeder zitterte, der zum gestrengen, hartherzigen Burgherrn berufen wurde. Plötzlich starb der reiche Geizhals. Die Erben kamen und suchten nach dem enormen Vermögen; aber siehe, sie fanden keinen Heller, alles Suchen war vergebens. Es wird erzählt, man kenne den Platz, wo der Schatz liege; aber nur drei Momente sind es im Jahre, wo man ihn heben könnte, u. zw. die Nacht nach Sonnenwende, die Nacht vor St. Thomas und der 29. Februar eines jeden Schaltjahres. Genau 1 Minute vor Mitternacht öffnet sich ein großer Stein der Grundfeste. Man kommt in ein Gewölbe und erblickt einen kleinen Mann mit langem, weißen Bart, an einem Tisch sitzend und schreibend. Vor ihm sind die strotzenden Geldsäcke aufgespeichert. Wagt es jemand hinzutreten und einen Geldsack zu nehmen, so sieht ihn der Schreiber so grimmig an, dass ihm das Blut in den Adern erstarrt.

Manche konnten entfliehen; viele aber fand man am anderen Morgen ohnmächtig auf dem Steine liegen; vom Gelde und seinem Wächter war keine Spur zu finden.



aus "Oberösterreichische Volks – Sagen"
gesammelt von Kajetan Alois Gloning
IV. Mythische Sagen