Der schlaue Wildschütz

In der Pfarre Innerstoder, tief im Walde versteckt, wohnte ein äußerst verwegener Wilderer; sein Name war gemeiniglich Hias. Er hatte eine kleine Hütte und einen Gehilfen. Außer seinem Kugelstutzen und seinem Hirschfänger nannte er nicht viel sein Eigen. Dafür hatte er desto mehr List und Kühnheit.

Als er einst seinem gewohnten Handwerke nachging und sich in einem dichten Dickichte lagern wollte, erschien ihm der Teufel in Gestalt des schwarzen Jägers. Er beredete ihn, sich mit Leib und Seele ihm zu verschreiben. Dafür wolle er ihm versprechen, dass er kein Ziel mehr verfehle. Dem Hias gefiel das letztere außerordentlich; er willigte ein, doch stellte er die Bedingung, der Teufel könne ihn nur von 12 Uhr bis 1 Uhr nachts in 20 Jahren, aber nur am Jahrestage holen. Der Teufel, dem dies recht war, verlangte von Hias die Unterschrift mit dem eigenen Blute und verschwand wieder, als der Wildschütz diese Bedingung erfüllte.

Der Hias war jetzt Herr im Walde, kein Schütze kam ihm gleich! Der Jäger konnte ihm nichts anhaben; denn dafür hatte Hias gesorgt. Er konnte sich nämlich augenblicklich in einen Baumstock verwandeln, da er sich vom Teufel auch dies ausbedungen hatte. So trieb er's volle 20 Jahre so arg, dass ihn alle Jäger von nah und fern fürchteten.

Endlich war die Zeit um und der Tag der Höllenfahrt da. Da kam der Hias auf einen Gedanken, den er auch ausführte. Um 11 Uhr nachts ging er mit seinem Knechte in den Wald, an den vor 20 Jahren bezeichneten Ort, nahm ein Stück Kreide und Weihwasser mit. Schnell verwandelte er sich in einen Baumstock. Der Knecht musste auf den Baumstock mit der Kreide drei Kreuze machen und denselben mit Weihwasser begießen.

Als die Mitternachtsstunde schlug, erschien freudig der Teufel, den schon nach der Seele des Hias lüstete. Bis 1 Uhr wütete er vor dem gesegneten Baumstocke und musste endlich wieder allein abziehen, voll Zorn über seine Enttäuschung.



aus "Oberösterreichische Volks – Sagen"
gesammelt von Kajetan Alois Gloning
IV. Mythische Sagen