Zauberkräfte des Hochfelders aus Strobl

Bauernhaus im Aberseeischen
Bauernhaus im Aberseeischen. Foto: Sepp Aitenbichler

Aus dem Buch "Sagen. Kulturschatz aus dem Salzkammergut" von Sepp Aitenbichler


Der Hochfelder Bauer stand im Ruf, er könne zaubern und Unerklärliches bewirken. Viele Leute fürchteten seine Macht, doch er wurde wegen seines Ansehens als Ehrenmann nicht bedrängt.

Eines Herbstmorgens mühten sich zwei Pferde, einen schwer beladenen Wagen, der mit seinen mit Eisen beschlagenen Rädern über die steinige Straße holperte, zum Hochfelder Bauernhof hochzuziehen. Der Fuhrmann war mit dem Antreiben derart beschäftigt, dass er den entgegenkommenden Hochfelder nicht sah und daher auch nicht grüßte.

Der Bauer warf einen stechenden Blick auf das Gespann, da erstarrten die Pferde. Sosehr der Knecht die Tiere auch antrieb und sich gegen den Wagen stemmte, bewegten sich die Räder nicht. Schließlich bemerkte er den Hochfelder Bauern, begrüßte ihn und bat um Hilfe. Der Bauer lächelte, löste den Bann, und die Pferde konnten sich wieder bewegen, mit dem Fuhrwerk wegfahren und die Ladung zum Hof bringen.

Der Hochfelder staunte nicht schlecht, als sich während seiner kurzen Abwesenheit eine
Zigeunerschar genähert hatte. Da die Nächte in dieser Jahreszeit schon recht kalt wurden, ließ er sie großzügig in der Tenne lagern. Als der Bauer nach geraumer Zeit Nachschau hielt, sah er mit Bestürzung, dass die Gesellen dicht neben dem Heu und Stroh ein Feuer entzündet hatten. Er befahl, dieses unverzüglich zu löschen. Doch ihr Anführer lachte bloß und sagte keck: „Wir Zigeuner können das Feuer bannen, wo immer es auch brennt!" Zornig ging der Hochfelder weg, kehrte aber nach kurzer Zeit wieder zurück und hielt in den Händen eine sogenannte „Reiter" (ein Kornsieb), das trotz des großen Geflechts bis oben hin mit Wasser gefüllt war. Kein einziger Tropfen floss unten heraus.

Er schüttete das Wasser in die Flamme, die sofort zischend erlosch, und stinkender Wasserdampf stieg auf. Da gerieten sogar die Zigeuner in Angst und Schrecken. Schleunigst packten sie ihre Sachen und verschwanden mit ihren Frauen und Rindern aus dem Zauberhof.

Inzwischen hatten die beiden Pferde reichlich Hafer bekommen, und der Wagen war entladen. Am Abend erzählte der Hochfelder beim Flackern des offenen Kaminfeuers dem Fuhrmann, seiner Frau, den Kindern und dem Gesinde, dass er sich nicht so leicht übertölpeln lasse. Als Beispiel erinnerte er an einen Bösewicht, der auf der Alm etliche gut geratene Käselaibe gestohlen hatte.

Der Hochfelder beschwor den Dieb. Keuchend und schwitzend hatte dieser seinen Raub über Berg und Tal zu tragen, denn eine geheimnisvolle Macht zog ihn zum Hochfelderhof. Dort gab er die Laibe ab und hatte zudem noch die Schmach der Schande zu tragen. Nach der Darstellung weiterer Begebenheiten aus seinem Leben, in dem er seine geheimnisvollen Kräfte niemals missbraucht hatte, suchten alle ihre Schlafstätten auf.

Der Hochfelder lebte noch viele Jahre unbehelligt, denn jedermann hütete sich davor, ihm Unrecht zuzufügen.


Aus dem Buch "Sagen. Kulturschatz aus dem Salzkammergut"
von Sepp Aitenbichler; S. 72; ISBN 978-3-9502460-0-1

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